Anweisung an die Vorsteher der Kliniken, Polikliniken und sonstigen Krankenanstalten * 1900 | ||
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Die Anweisung ist den Direktoren der Universitätskliniken und Polikliniken durch Vermittlung der Universitäts-Kuratoren - in Berlin durch das Universitäts-Kuratorium -, den Vorstehern der Krankenanstalten in den Provinzen durch Vermittlung der OberPrädidenten und den Vorstehern der Krankenanstalten zu Berlin durch Vermittlung des Polizei-Präsidenten, sowie ferner der königlichen Charité-Direktion und dem Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten zu Berlin zur Nachachtung mitgeteilt worden.
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I. | Die Vorsteher der Kliniken, Polikliniken und sonstigen Krankenanstalten weise ich darauf hin, daß medizinische Eingriffe zu anderen als diagnostischen Heil- und Immunisierungszwecken, auch wenn die sonstigen Voraussetzungen für die rechtliche und sittliche Zulässigkeit vorliegen, doch unter allen Umständen ausgeschlossen sind, wenn | |
1. | es sich um eine Person handelt, die noch minderjährig oder aus anderen Gründen nicht vollkommen geschäftsfähig ist; | |
2. | die betreffende Person nicht ihre Zustimmung zu dem Eingriffe in unzweideutiger Weise erklärt hat; | |
3. | dieser Erklärung nicht eine sachgemäße Belehrung über die aus dem Eingriffe möglicher Weise hervorgehenden nachteiligen Folgen vorausgegangen ist. | |
II. | Zugleich bestimme ich, daß | |
1. | Eingriffe dieser Art nur von dem Vorsteher selbst oder mit besonderer Ermächtigung desselben vorgenommen werden dürfen; | |
2. | bei jedem derartigen Eingriffe die Erfüllung der Voraussetzungen zu I Nr. 1 - 3 und II Nr. 1 sowie alle näheren Umstände des Falles auf dem Krankenblatte zu vermerken sind. | |
III. | Die bestehenden Bestimmungen über medizinische Eingriffe zu diagnostischen, Heil- und Immunisierungszwecken werden durch diese Anweisung nicht berührt. | |
Berlin, den 29.Dezember 1900 Der Minister der geistlichen u. Angelegenheiten. Heinrich Conrad von Studt U.I. 2877. M. |